Hintergrund

Welche Strukturen sind zur Stärkung der Gesundheitskompetenz nötig? Welche Rolle spielen dabei die Gesundheitsberufe?

Mit diesem Thema  beschäftigte sich das 4. Webseminar des DNGK “Therapeutische Berufe und Gesundheitskompetenz” am 10. Mai 2021.

Das Webseminar richtete sich primär an Personen und Institutionen, die sich mit der Förderung der Gesundheitskompetenz durch Therapeutische Berufe befassen möchten.

Projekte und Praxiserfahrungen

Expertinnen aus Ergotherapie, Ernährungstherapie, Logopädie und Physiotherapie präsentierten Projekte und Praxiserfahrungen zu dieser Thematik.

Im Mittelpunkt stand die Diskussion zu den Fragen:

  • Welche spezifischen Kompetenzen von Therapeutinnen und Therapeuten fördern die Gesundheitskompetenz der Patienten- bzw. Klientenschaft?
  • Welche Bedeutung haben Ausbildung, Wissenschaft und Zugang zu Informationen über Gesundheitskompetenz für die Therapeutischen Berufe?
  • Wie muss sich das Gesundheitssystem weiterentwickeln und welche Kooperationsformen sind nötig, um die Förderung der Gesundheitskompetenz im therapeutischen Alltag zur Routine zu machen?
  • Wie kann das Potenzial der Therapeutischen Berufe im Bereich Gesundheitskompetenz gefördert werden – zum Beispiel mit Unterstützung des DNGK?

Referent:innen

Kommentar

Einen Leuchtturm bauen

Das DNGK-Webseminar “Therapeutische Berufe und Gesundheitskompetenz” scheint einen Nerv getroffen zu haben: Die Erleichterung und Freude darüber, sich austauschen und vernetzen zu können, war von der ersten bis zur letzten Minute präsent. Die Gründung eines eigenen Fachbereichs oder einer Arbeitsgruppe innerhalb des DNGK ist die logische Konsequenz.

Ich nehme als Botschaft aus der Veranstaltung mit: Die therapeutischen Berufe haben das Wissen und die Erfahrung, die Gesundheitskompetenz ihrer Klientinnen und Klienten zu fördern. Sie sind nahe an ihnen dran, sie können sich die Zeit nehmen, und sie sind bereit dazu – aber man muss ihre Arbeit wertschätzen und auch finanziell honorieren, sie in die Versorgung einbinden und ihnen mehr Freiräume für Entscheidungen geben.

In ihren Kurzvorträgen setzten die Referentinnen zudem eigene Akzente.

  • Für die Physiotherapie machte Corinna Wirner deutlich, wie sehr die Ausbildung den Anforderungen im Berufsalltag hinterherhinkt. So werde der Begriff “Gesundheitskompetenz” nur in 1 von 27 ausbildungsrelevanten Curricula explizit erwähnt. Hier sollte sich dringend etwas tun.
  • Die Ergotherapie sorgt sich explizit um das Wohlbefinden, die Gesundheit und die Lebensqualität ihrer Klientel, wie Eva Denysiuk betonte. Dazu gehört zum Beispiel, gemeinsam im Internet die Vertrauenswürdigkeit von Informationsangeboten zu besprechen. “Es geht oft um das Managen des eigenen Gesundheitszustandes,” sagte Denysiuk. Leider sei die Qualität der Ausbildung sehr heterogen.
  • Die Logopädie sei besonders nah an Menschen mit besonders schwach ausgeprägter Gesundheitskompetenz, sagte Lucie Hilscher. Die mit Abstand häufigste Diagnose ihrer Klientel sei eine Entwicklungsstörung des Sprechens und der Sprache, also von Fähigkeiten, die gerade für den Erwerb von Gesundheitskompetenz essentiell sind.
  • Ein zentrales Problem der Ernährungstherapie sei der fehlende Schutz der Berufsbezeichnung, beklagte Andrea Lambeck: “Sie können sich morgen ein Schild an die Tür hängen, auf dem Ernährungsberatung steht”. So gebe es in der Branche die kuriosesten Angebote – je verrückter, desto erfolgreicher, wie es scheint. Dabei könne die Ernährungstherapie, sinnvoll angewandt, bereits präventiv wirksam sein. Als Orientierungshilfe bietet deshalb ihr Verband unter www.vdoe.de ab dem 1. Juni 2021 eine Expertensuche an.

Therapeutische Berufe sollten, so lässt sich als Fazit der Veranstaltung eine Bemerkung Lucie Hilschers festhalten, ein Leuchtturm in der Vermittlung von Gesundheitskompetenz sein. Das DNGK hilft gerne mit, den Turm zu bauen.

Christian Weymayr, 2. stellvertretender Vorsitzender des DNGK

Letzte Überarbeitung: 26.08.2022